Kommunale Wärmeplanung: Wie heizen wir in Zukunft?Kommunale Wärmeplanung: Wie heizen wir in Zukunft?

Energietrends

Die kommunale Wärmeplanung als Grundlage für die Wärmewende 

April 2024

Wie heizen wir in Zukunft? Die Wärmewände, also die schrittweise Umstellung auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung, ist ein wichtiger Schritt damit Deutschland sein Klimaziel erreichen und im Jahre 2045 CO2-emmissionsfrei sein kann. Derzeit entfällt hierzulande in Privathaushalten der Großteil des Energiebedarfs auf Wärme und Warmwasser. Zudem werden aktuell noch drei Viertel aller Heizungen in privaten Haushalten mit Öl oder Gas betrieben.

Zentrale und dezentrale Heizungssysteme

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Haushalte mit Wärme zu versorgen. Dazu gehören sogenannte dezentrale Heizungen (betrieben mit Gas, Öl, Wärmepumpe, Pellets etc.), aber auch zentrale Heizsysteme wie Fern- oder Nahwärme. Welche Versorgung im Einzelfall sinnvoll ist, hängt vom Standort und der Art des Gebäudes ab. Also zum Beispiel, ob es sich um ein freistehendes Einfamilienhaus in ländlicher Umgebung, ein Reihenhaus in einem Neubaugebiet oder ein Mehrfamilienhaus in städtischem Umfeld handelt. Grundsätzlich soll in Zukunft die klimaneutrale Wärmeversorgung sichergestellt werden. Ein Faktor ist u.a. der Ausbau der Fernwärme. Da hierfür jedoch ein spezielles Leitungsnetz erforderlich ist, eignet sich dieses System vor allem für kompakt bebaute Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte. In weniger dicht besiedelte Gegenden kommen oft dezentrale Heizungssysteme in Frage, etwa Wärmepumpen oder Gasheizungen, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Hierzu muss aber das Gasnetz entsprechend H2-Ready sein.

Ein erster Schritt auf einem langen Weg

Hier kommen die kommunalen Wärmepläne (KWP) ins Spiel: Um Planungssicherheit für bestehende und künftige Gebäudeeigentümer zu schaffen, verpflichtet das Wärmeplanungsgesetz alle Kommunen zur Erstellung eines KWP. Ziel ist es, den Ist-Zustand des aktuellen Wärmebedarfs und der Art der Bereitstellung zu erheben und abzuschätzen, wie sich dieser in den kommenden Jahren entwickeln wird. Darüber hinaus soll ermittelt werden, welche weiteren Wärmequellen nutzbar sind und eine Strategie für die künftige Wärmeversorgung entwickelt werden. Auch wenn die kommunalen Wärmepläne bis spätestens 2028 fertiggestellt sein müssen, ist es wichtig zu verstehen, dass die Wärmewende ein langer Prozess ist. Daher werden Fragen wie „Wann bekomme ich Fernwärme in meiner Straße und was kostet das?“ oder „Wann kann ich mit Wasserstoff heizen?“ nicht direkt beantwortet werden können. Bis zur konkreten Umsetzung müssen noch Machbarkeitsstudien durchgeführt werden, so dass mit ersten Ergebnissen ein bis zwei Jahre nach Verabschiedung zu rechnen ist. Zusätzlich soll die KWP ab 2030 alle fünf Jahre aktualisiert werden, um sie an aktuelle Entwicklungen anzupassen. Dennoch ist sie ein erster wichtiger Schritt in einem langen Prozess, weshalb es umso wichtiger ist, diesen so früh wie möglich zu gehen.

In fünf Schritten zur KWP

Die Erstellung erfolgt unter Verantwortung der Kommunen – häufig in Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern und Planungsbüros – in einem mehrstufigen Verfahren:

1. Bestandsanalyse: Wie heizen wir heute?

Der Status quo wird über die Zusammenlegung verschiedenster Datensätze abgebildet. So kann eine umfassende Übersicht erstellt werden, in der alle Gebäude nach Art, Baujahr und weiteren Kriterien erfasst sind. Zusätzlich werden Informationen über die vorhandenen Heizungsanlagen und den Energieverbrauch datenschutzkonform und anonymisiert z.B. von Schornsteinfegern oder den Energieversorgern und Netzbetreibern eingeholt. Dies geschieht unabhängig, so dass keine Einzelbefragungen der Hauseigentümer zu bestehenden Heizungsanlagen und zum Energieverbrauch notwendig sind.

2. Bedarfsprognose: Wie entwickelt sich die Energienachfrage?

Um den zukünftigen Wärmebedarf in einzelnen Gebieten, Stadtteilen oder Quartieren abschätzen zu können, werden verschiedene Aspekte betrachtet: die demografische Entwicklung, die bisherige Sanierungsrate von Häusern oder potenzielle Ortsentwicklungen wie Neubaugebiete oder die Umwandlung ehemaliger Industrieflächen in Wohngebiete. All dies gibt Aufschluss über den jeweiligen Bedarf in den einzelnen Gebieten.

3. Potenzialanalyse: Welche Chancen bieten sich vor Ort? 

Nun wird überlegt, wie in Zukunft mehr klimaneutrale Wärme erzeugt werden kann und welche Optionen vor Ort konkret sinnvoll sind. Die Potenzialanalyse berücksichtigt, wo und welche Flächen für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen genutzt werden können. Wo ist Platz für neue Solar- und Windkraftanlagen und welche Strommengen können dort gewonnen werden? In einem Solarkataster kann sogar das Energiepotenzial einzelner Dachflächen erfasst werden. Kann Umweltwärme beispielsweise aus Flüssen für Großwärmepumpen genutzt werden oder lässt sich Abwärme aus industriellen Prozessen nutzen? Ist Geothermie in der Region nutzbar oder eignet sich der Standort für die Gewinnung von Solarthermie? Auch Biomasse kann eine Lösung sein. Ist die Besiedlung dicht genug, dass sich der Neubau oder Ausbau eines Fernwärmenetzes lohnt? Ist grüner Wasserstoff als Ersatz für fossiles Erdgas eine Alternative?

Wichtig ist ebenfalls zu definieren, wo weitere Einsparpotenziale bestehen, beispielsweise, wo durch Gebäudesanierung der Wärmebedarf von Häusern und Gewerbe reduziert werden kann.

4. Raumkonzept: Wo sind welche Maßnahmen sinnvoll?

Alle diese Ergebnisse werden in den entsprechenden Karten markiert und dargestellt, so dass die geeigneten Gebiete aufgezeigt werden können. Je nach Besiedlungsdichte und bestehender bzw. geplanter Bebauung kann Fernwärme eine Lösung sein. Derzeit wird diese zentrale Wärmeerzeugung meist noch mit Kohle oder Gas betrieben, nun aber auf umweltfreundlichere Maßnahmen umgestellt. So wird derzeit in Flensburg eine Großwärmepumpe entwickelt, die mit Hilfe der Energie aus dem Wasser der Förde und Ökostrom CO2-neutrale Wärme erzeugt. Ein anderer Ansatz wird in München verfolgt, wo die zentrale Wärmeversorgung durch Geothermie realisiert werden soll. Dazu werden Tiefenbohrungen bis unter die feste Erdkruste vorgenommen, um die dort verfügbare Erdwärme nutzbar zu machen. Auch die Verwendung von industrieller Abwärme ist eine Möglichkeit, wenn entsprechende Prozesswärme aus der angrenzenden Industrie zur Verfügung steht.

Ein anderer Ansatz kann der Ausbau des Wasserstoffgasnetzes sein: Grüner Wasserstoff erfüllt die Anforderungen des neuen Gebäudeenergiegesetzes und bietet auch für Häuser eine emissionsfreie Alternative, wenn beispielsweise der Einbau einer Wärmepumpe sehr aufwändig oder teuer ist. Ein erheblicher Teil des bestehenden Gasnetzes ist bereits für Wasserstoff geeignet, den Rest rüsten die Netzbetreiber derzeit auf H2-Ready um. Aber es gibt noch weitere Möglichkeiten, beispielsweise: Wo eignet sich Nahwärme als Alternative? Wo können Solarparks entstehen und wo gibt es Möglichkeiten zur Stromspeicherung?

5. Maßnahmenprogramm: Was kommt und in welcher Reihenfolge?

Auf Basis des räumlichen Konzepts und der Potenzialanalyse werden die einzelnen Maßnahmen nach den Kriterien Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Nutzen für die Kommune und die Eigentümer festgelegt. Gleichzeitig werden Prioritäten und damit die Reihenfolge der Umsetzung festgelegt. Darüber hinaus erfolgt eine Abschätzung der zu erwartenden Kosten sowie der jeweiligen Fördermöglichkeiten.

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